radtouren-Brandenburg

planen erleben teilen

Radfahren, Ostsee und Lyonel Feininger

| 2 Kommentare


1.Tag
Ückeritz-Pugala-Neppermin-Balm-Mellenthin-Benz-Ückeritz
Tourlänge: 46 Km
GPS-Tourdaten herunterladen
2.Tag
Bansin-Heringsdorf-Ahlbeck-Swinemünde-Zirchow-Kroswandt-Bansin
Tourlänge: 44 Km
GPS-Tourdaten herunterladen


Der Titel des Blogs sagt schon alles, dazu nehme man das herrlichste Spätsommerwetter und schon hat man eine  tolle Symbiose zwischen Kunst und Radfahren. Wer sich für die Malerei des beginnenden 20.Jahrhundert interessiert, die Bilder der Expressionisten bewundert und die Musen der Welt nicht nur von außen betrachtet, kommt an L.Feininger nicht vorbei. Lyonel Feininger einer der bedeutendsten Vertreter der Klassischen Moderne in Deutschland – 1919 von Walter Gropius als erster Bauhausmeister nach Weimar berufen;1924 gründete er mit den Malern  Paul Klee, Wassily Kandinsky und Alexej von Jawlensky die Ausstellungsgemeinschaft Die Blaue Vier – verbrachte von 1908 bis 1921 viele Sommermonate auf der Insel Usedom. Hier auf Usedom war er mit seinem amerikanischen Fahrrad (Marke Cleveland Ohio) unterwegs und schuf seine vielen Natur-Notizen, die später im Atelier als Grundlage für seine Gemälde dienten.
1937 verlässt  L.Feininger Deutschland und geht in sein Geburtsland USA zurück, der Grund für diesen Schritt sind die politischen Zustände (1933 Machtübernahme der Nationalsozialisten). Seine Frau Julia ist Jüdin, die Werke von L.Feininger werden als entartet eingestuft und aus den Museen entfernt, also keine Bedingungen die einen Verbleib in Deutschland erstrebenswert machten.
Bei meinen Radtouren auf Usedom fielen immer wieder die blau/weißen Schilder mit der Beschriftung „Feininger-Tour“ auf. Nachdem ich mich im Internet umgesehen hatte, stand der Entschluss fest: Auf geht’s zur Feininger-Radtour. Das besondere an dieser Radtour sind die runden Bronzeplatten, sie sind an den Standorten, von denen L.Feininger seine Natur-Notizen malte, in der Erde eingelassen. Der Pfeil zeigt die Blickrichtung an, mit Hilfe der Nummer kann man im Begleitbuch alles zu diesem Standort erfahren, außerdem haben alle Platten die gleiche Beschriftung, Feininger-Tour und die Bezeichnung der Webseite der Tour  www.papileo.de. In Vorbereitung der Tour sollte man unbedingt das Buch zur Tour: PAPILEO AUF Usedom, Eine Feininger-Radtour erwerben (Preis 20,-EUR). Im Internet oder Buchhandel, ich habe mein Buch an der Holländer Mühle in Benz zwischen Kaffee und Stachelbeerkuchen erworben, leider etwas spät, der größte Teil der Tour des ersten Tages lag schon hinter mir. Ein paar Hilfen hatte ich aber schon zum Auftakt der Tour, Ausdrucke aus dem Internet und einen kostenlosen Flyer zur Tour, aus der Touristen-Information Ückeritz. Das zur Entstehung und Planung der Lyonel Feininger-Radtour.

1. Tag
Anreise mit dem Auto nach Ückeritz, ein Quartier  war schnell gefunden, ein Quartier, dass wir schon des öfteren mieteten, mit tollem Blick auf das Achterwasser. Sehr schön im Liegestuhl liegend, nach der Radtour, bei einem Glas Rotwein, den Sonnenuntergang genießen und den Tag, und damit die Radtour Revue passieren zu lassen. Doch zuerst die Anstrengung. Nach dem Besuch der Touristen-Information, geht es los. Zuerst benutze ich den gut ausgebauten Radweg neben der B111, Richtung Bansin, bleibe weiterhin auf dem Radweg neben der B111, jetzt aber Richtung Usedom und erreiche mein erstes Ziel, das Schloss Pudagla. Ein paar Fotos, nettes Cafe im Schloss, vielleicht ein andermal. Angekommen in Neppermin, habe ich die Streckenführung der Lyonel Feininger-Radtour erreicht. Kleiner Mittagsimbiss im Nepperminer Fischpalast, Backfisch, der auf der Zunge zergeht. Und direkt davor, die erste Bronzeplatte, mit der Nummer 12.

DSC07849

Dorfstraße, In Pfeilrichtung geblickt

Obwohl 100 Jahre vergangen sind, ist der Dorfcharakter von Neppermin, wenn man meinen Blick mit den Natur-Notizen von L.Feininger vergleicht, sehr gut erhalten geblieben. L.Feininger hat 1910 einige Zeit in Neppermin verbracht, dies und auch die Natur-Notizen sind sehr schön im Begleitbuch beschrieben. Mit seinem Ölbild „Mondaufgang in Neppermin“ hat er dem Dorf Neppermin ein in Öl gemaltes Denkmal gesetzt. Im Begleitbuch ist wunderbar zu erkennen, wie aus den Notizen, mit dem Farbstift erstellt, Jahre später die Ölgemälde enstehen. Bei dem Gemälde Windmühlen bei Usedom waren es 17 Jahre (Bronzeplatte 16. es ist im Museum Schwerin zu besichtigen)  Insgesamt gibt es 12 Standorte in Neppermin, ein Dorf, dass dem Maler besonders gut gefallen haben muss. Beim schreiben dieser Zeilen muss ich immer mehr feststellen, das Begleitbuch ist ein Meisterwerk, mit sehr vielen Informationen. Da man während der Tour nicht Zeit und Ruhe hat, um es aufmerksam zu lesen, sollte man es besser vorher und nachher studieren, dies gilt im besonderen für die Orte Benz und Neppermin. Außerdem habe ich festgestellt, die eine Tour ist nicht ausreichend, also werde ich bei einem der nächsten Usedom Aufenthalten, ausgewählte Orte nochmals besuchen. Der Blick (Bronzeplatte 11) auf das Achterwasser und den Nepperminer Hafen (leichte Übertreibung, ich denke damals wird auch nicht mehr als ein Bootssteg vorhanden gewesen sein), ist jetzt leider etwas durch den Fischpalast eingeschränkt. Aber der Backfisch war super! Weiter geht es nach Balm. Standort 23 mit Blick auf den Dorfplatz.

DSC07854

Dorfplatz in Balm vom Standort Nr.12 gesehen

Leider ist der Dorfplatz sehr leer, kein Karussell, kein Dorftanz, sicherlich nicht der richtige Tag, nicht der richtige Zeitpunkt. Bleibt die Erkenntnis, vor 100 Jahre ging hier die Post ab, wär weiß.
Dieses ausgelassene Dorftreiben  ist sehr schön auf den Naturskizzen dargestellt (Begleitheft, Balm Standort 23 und 24).
Nach Mellenthin fahre ich die längere Strecke, über Dewichow und Morgenitz. Die kürzere im Begleitbuch dargestellt, geht nach ca.1,5 Km links am Waldrand direkt nach Mellenthin. Ob ich das Hinweisschild übersehen habe, oder ob keins vorhanden war, ich weiß nicht. Aber auch so bin ich in Mellenthin angekommen. Ein Ort mit viel Tourismus, mit dem Wasserschloss, der mittelalterliche Kirche und vielen touristischen Einrichtungen (Gastronomie und Unterkünfte). Die Medaillons geben den Blick auf die Kirche und das Wasserschloss b.z.w die Bockwindmühle (ist heute nicht mehr vorhanden) frei.

Wasserschloss Mellenthin mit Schlagbaum am Eingang

Weiter der Ausschilderung folgend, erreichen wir erneut Neppermin. Nochmal nach Medaillons, die ich bei der ersten Durchfahrt nicht fand, noch ein paar Fotos und dann ging weiter auf dem bequemen Radweg nach Benz.

Ein Haus, wunder fein – in Neppermin

In Benz angekommen, ist der Standort 1 (Bronzeplatte 1) mein erster Anlaufpunkt. Von hier hat er seine Skizzen von der Benzer Kirche angefertigt. Eine Kirche zu der er eine besondere Beziehung entwickelte (bis zu seinem Todesjahr 1958, gibt es immer wieder Bilder mit Motiven aus Benz). Im Begleitheft auf Seite 25 wird sehr schön darüber referiert.

Kirche Benz vom Standort Nr.1 gesehen

Mehr Bilder und Informationen zu Benz und der Kirche finden sie in dem Beitrag „Radfahren, Ostsee und Usedom“.
Direkt neben der Kirche befindet sich das Kunst-Kabinett Usedom Galerie in Benz. In einer Dauerausstellung: Auf den Spuren des Bauhaus-Künstlers Lyonel Feininger auf der Insel Usedom und im Kaiserbad Swinemünde, ist sehr viel vom Künstler zu sehen und erfahren. Ein Glanzstück der Ausstellung ist ein originales Fahrrad von  1897 aus Cleveland Ohio, baugleich zu dem, welches L. Feininger für seine Malauspflüge nutzte.

Das Feininger-Fahrrad, eine Cleveland Ohio von 1897, Ausstellungsstück im Kunst-Kabinett Usedom.

Besonders die Kunstdrucke von L.Feininger fanden meine Aufmerksamkeit, große Kunst auch für den kleinen Geldbeutel. Alles weitere über diese Galerie erfahren sie auf der schönen Webseite.

Radrennen – L.Feininger, Kunstdruck im Kunst-Kabinett Usedom

Kirche Benz – L.Feininger, Kunstdruck im Kunst-Kabinett Usedom

Nach Kirche und Galerie geht es auf den Mühlenberg (nicht so einfach, Zuckersand ohne Ende, also nicht nur in märkischen Gefilden ist er anzutreffen, für den Rückweg benutze ich die Treppen). Ein Eindrucksvoller Ort: Holländer Mühle (Kulturmühle), Backhaus (super Blechkuchen) und ein nicht zu toppender Ausblick über die Benzer Kirche hinweg auf den Schmollensee. Und nicht zu vergessen die Bronzeplatten der Feininger-Radtour.

Holländermühle Benz

Blick auf dem Schmollensee vom Mühlenberg Benz -Standort Nr.7

Ich denke ein neuer Lieblingsplatz auf Usedom ist für mich geboren. Das Backhaus hat geöffnet, der Rhabarberkuchen ist wunderbar und auch das Begleitbuch zur Feininger-Radtour kann ich kaufen. Nach dieser wunderbaren Pause geht es zurück nach Benz und weiter auf dem Radweg nach Bansin und Ückeritz. Ein schöner Tag geht zu Ende und klingt bei Rotwein und lesen im Begleitheft am Achterwasser aus.

2.Tag
Start zum zweiten Teil der L.Feininger Rundtour. Mit aufgeschnalltem Fahrrad geht es mit dem Auto nach Bansin. Danach wird wieder gestrampelt, wir benutzen den Ostseeküstenradweg, der von Bansin bis Swinemünde mit der L.Feininger Radtour identisch ist. Zuerst wird der Standort 29 angefahren (Aussichtsplattform hinter dem Kunstpavillon, in Heringsdorf), von hier hat man einen schönen Blick auf die neue Heringsdorfer Seebrücke, sie ist nicht mehr die selbe die L.Feininger als Motiv diente, die ist in den Fünfzigerjahren abgebrannt.

Heringsdorfer Seebrücke vom Standort 29

Aber nicht nur der Blick auf die Brücke, sondern auch das Treiben auf und neben der Seebrücke zogen L.Feininger in seinen Bann – die Menschen auf der Brücke, die Fischerboote in der Nähe, Dampfer bei An- und Ablegemanövern, eben das sommerliche Gewusel. Heringsdorf hatte zu dieser Zeit einen regen Schiffsverkehr, im Linienverkehr konnte man mehrmals täglich viele Orte an der Ostsee erreichen. Dies alles hat er in seinen Skizzen vom Standort 30 ( Bronzeplatte befindet sich auf  der ersten größern Plattform der neuen Seebrücke). Danach sind  die Standorte 31 und 32 mein Ziel. Beide liegen etwas abseits der Strandpromenade. Vom Standort 31 (Delbrückstraße 11) hat man einen unverstellten Blick auf die „Villa Oppenheim“, da dieses Motiv des öfteren auftauchte, hatte man angenommen das er hier in den Sommermonaten wohnte. Doch später stellte sich heraus, dass das„Haus Zander“ (Standort 32, Delbrückstraße 47) 1908 sein Quartier war.

Villa Oppenhain – Standort 31 Heringsdorf

Angekommen in Ahlbeck wird man unwillkürlich in das quirlige Treiben rund um die Seebrücke gezogen. Live Musik, Eisverkäufer, vielerlei Gelegenheiten  zum Imbiss, Badende links und rechts der Seebrücke. Ich denke hier hätte L.Feininger auch heute seine Motive gefunden. Die Standorte von denen er damals seine Skizzen fertigte sind 34-36.

Seebrücke Ahlbeck, Standort 35

Immer den Radweg folgend passieren ich, ohne dass es groß auffällt die Grenze nach Polen und erreiche Swinemünde. L.Feininger ist stehts über Swinemünde zu seinen Sommeraufenthalten auf Usedom angereist und weilte auch sonst des öfteren in der Stadt. Die drei Motive: Swinemündung mit den Schiffen und Hafenanlagen, das alte Rathaus und die letzte Windmühle von Swinemünde, die leider nicht mehr existiert, haben in sehr inspiriert.

Altes Rathaus Swinemünde, Standort 39

Auch in Swinemünde ist die Lyonel-Feininger Radtour, durch unverwechselbaren Hinweisschilder, gut ausgeschildert. Die Standorte 37 (Steinwall der Westmole, mit Blick zur Mühlenbake), 38 (Altes Rathaus, Nord-Ost Ecke-Fischerpl.) und 39 (Altes Rathaus, Frontalansicht von Süden) sind leicht zu finden. In Swinewmünde gibt es viele Möglichkeiten zur Einkehr. Ich  verlasse Swinemünde südlich auf der Grunwaldzka-Straße, weiter geht es auf der B110, nach 2 Km biege ich links nach Garz ab. Ab Garz benutze ich den Radfernweg Berlin-Usedom. Besser, und Autofreier wäre die im Begleitbuch beschriebene Streckenführung über Kamminke nach Garz. In Zirchow befinden sich zwei Standorte, 41 (Zirchower Kirche, Süd-Ansicht) und 42 (auf der Hauptstraße mit Blick auf die Kirche aus nord-östlicher Richtung).

Standort 42, Zirchower Kirche

Mein nächstes Ziel ist Korswandt, nach 1,5 Km auf der B 110 Richtung Grenze, kann wieder der Radfernweg Berlin-Usedom benutzt werden. Ein anspruchsvolles Teilstück (schweißtreibende Anstiege), siehe auch Radfahren, Ostsee und Schloss Stolpe. Standort 43 (Dorfstraße Nr. 15 und 16), beide Häuser sind auf der Skizze festgehalten, obwohl in den zurückliegenden 100 Jahren kleine Umbauten vorgenommen wurden, sind sie noch gut zu erkennen. Der Weg und der Ort Gothen sind für mich Usedomer Neuland. Über nicht immer einfach zu befahrende Wald- und Feldwege gelange ich nach Gothen. Hier erwartet mich der Standort 44 (Dorfstraße vor Haus Nr. 23, Blick in Richtung ehemaliger Gutshof). Zum Standort 44 in Gothen gibt es einiges interessantes zu vermerken: eine Skizze die das ehemalige Gutshaus (1984 abgerissen) darstellt und ein Ölgemälde „Gothen“ von 1919, das heute im Harvard Art Museum zu sehen ist. Diese abstrakte Bild das mehr an eine Kathedrale als an eine Dorfszene erinnert, gab einige Rätsel auf. Bis man herausfand, dass die Vorlage dafür, ein Speicher in der Nähe des Gutshauses war, der auf der Skizze vom Standort 44 gut zu erkennen (große Rundfenster) ist. Auch bei meinem Besuch in Gothen, obwohl jetzt zum Wohnhaus umgebaut, war noch alles gut zu erkennen. Der letzte Standort 45 in Neuhof erwartet mich. Hier treffen ich auf ein Motiv, dass bei L.Feininger immer wiederkehrt, Eisenbahnbrücken. Die neu errichtete Bogenbrücke über den Sack-Kanal fand sein Interesse. Die ersten Zeichnungen datieren von 1910, obwohl der erste Zug erst am 1.Juni 1911 die Brücke passierte. Doch dieses Ereignis wurde schnell nachgeholt, am 6.Juni 1911 entstand eine Skizze mit Eisenbahn.  So jetzt noch ein paar Kilometer und die Radtour geht zu ende. Mit dem Auto wieder in meinem Quartier in Ückeritz angekommen, lasse ich den Tag, noch einmal, mit Rotwein und Blick auf das Achterwasser ausklingen. Noch etwas im Begleitbuch (super gestaltet und sehr informativ – ein Muss) lesen und die Tour noch einmal in Gedanken durchgehen. Eine Radtour, die unwahrscheinlich Spaß machte und die ich nur wärmsten empfehlen kann.

Hier noch ein Link zu einer  anderen Feininger-Radtour

mehr erfahren ›

2 Kommentare

  1. Er schloss sich der fortschrittlichen Kunstler-Bewegung Berliner Secession an, 1919 wurde er in das neu gegrundete Bauhaus nach Weimar berufen. Beruhmt geworden sind seine Bilder von Kirchen und Dorfkernen des Weimarer Umlandes in Thuringen, wohin er sich zwischen 1906 und 1937 immer wieder fur Arbeits- und Studienaufenthalte begab.

  2. Daumen hoch für diesen Beitrag! Klasse Content, ich hoffe hier kommen in Zukunft noch viele weitere Beiträge! 🙂

Schreibe einen Kommentar zu Virtual Private Server Antworten abbrechen

Pflichtfelder sind mit * markiert.